ETA-Solutions: „Energielösungen wirken nur über Betriebsgrenzen hinweg“
Das Start-up „ETA-Solutions“ hilft Unternehmen dabei, Forschungsergebnisse umzusetzen. Dafür ist eine gute Vernetzung nötig. Gründer Martin Beck erklärt, wie eine der bestbesuchten Forschungsfabriken Europas entstanden ist und warum ihn Forschungsprojekte mit vielen Projektpartnern nicht schrecken.
Die Suche nach passenden Partnern für größere Forschungsprojekte kann viel Zeit in Anspruch nehmen. Dem Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW) der Technischen Universität (TU) Darmstadt hingegen scheint es leicht zu fallen, große Forschungsverbünde mit Start-ups, Industrieunternehmen und Forschungseinrichtungen aufzusetzen. „Wenn man einmal das Laufen begonnen hat und dranbleibt, ergibt sich dadurch meist ein positiver Effekt“, sagt Martin Beck, Wirtschaftsingenieur, ehemals Forscher an der TU Darmstadt und heute Geschäftsführer der ETA-Solutions GmbH.
Er und auch sein Start-up haben bislang relativ einfach Projektpartner finden können, während andere junge Unternehmen oftmals auf Schwierigkeiten stoßen. Der Schlüssel zu den erfolgreichen Partnerschaften der ETA-Solutions GmbH liegt allerdings an einer Menge Forschungsarbeit in den vergangenen 15 Jahren: Ende 2008 startete Professor Eberhard Abele das Forschungsprojekt MAXIEM. Darin haben Forschende die Energieeffizienz spanender Werkzeugmaschinen optimiert. „Dieses Forschungsprojekt hat uns an der TU Darmstadt damals sehr beeinflusst“, schildert Beck rückblickend. „Wir haben festgestellt, dass die Effizienz von Werkzeugmaschinen deutlich gesteigert werden kann. Offen blieb das Thema der Restwärme, die wir wiederverwenden wollten. Daher haben wir uns auf die Suche gemacht, um eine Lösung zu finden, wo wir sie nutzen können.“
Von MAXIEM zu DELTA – ein Forschungsprojekt wächst
Werkzeugmaschinen benötigen selbst keine Wärme. Daher wurde dem Forschungsteam schnell klar, dass es eine Prozesskette brauchte, um die überschüssige Wärme weiter verwerten zu können. Wenn die eingesetzten Maschinen etwa Teil einer Fabrik wären, dann würde sich sicher auch ein Abnehmer für die Wärme finden. „Professor Abele hatte die Vision einer Lernfabrik. Da habe ich dann gedacht: Das könnte auch mein Projekt sein“, so Beck.
Die ETA-Fabrik wurde zum Erfolg, einem großen Demonstrator, der bis heute zahlreiche Interessierte anzieht. „Schon am Anfang hatten wir viele Führungen durch die ETA-Fabrik, teils 40 Besucher pro Woche, das hat die Forschung fast schon gestört“, erinnert sich Beck. Auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), das bereits MAXIEM gefördert hatte, zeigte sich interessiert. Denn die Ergebnisse lassen sich noch weiter fassen und sind nicht nur auf industrielle Anwendungen beschränkt. „Wir haben schnell untersucht, wie wir die Wärme zum Heizen von Gebäuden nutzen können, und das führte logischerweise zum Weg ins Quartier. Heute setzen wir dies mit dem Reallabor der Energiewende DELTA um.“
ETA-Solutions hilft bei Effizienz und Klimazielen
„Weil es so viele Anfragen gab, haben wir vor fünf Jahren die ETA-Solutions GmbH ausgegründet“, berichtet Beck. Das Start-up hilft anderen Unternehmen dabei, das ETA-Konzept auf ihre eigenen Anwendungsfälle zu übertragen.
Als Ingenieurs- und Beratungsunternehmen wolle man mit den Kunden Klimaziele umsetzen und gleichzeitig wirtschaftlich bleiben: „Unsere Kunden treffen ihre Entscheidungen für die Effizienz, wenn sich diese auch amortisiert. Hier sehen wir unsere Aufgabe“, erläutert Beck.
Der angewandten Energieforschung sind Beck und sein Mitgründer Philipp Schraml weiter verbunden: Im Projekt EISKIG widmet sich ETA-Solutions, gemeinsam mit fünf Projektpartnern, dem Thema Kälte aus Effizienzsicht. (Für eine Übersicht aller Projekte von ETA-Solutions s. Box rechts.)
„Wir wollen durch Daten- und KI-basierte Optimierungsverfahren in der Gebäudekältetechnik Energieverschwendungen aufzeigen und Effizienzpotenziale heben“, erläutert Beck. Am Ende könnte ein KI-basiertes Optimierungsverfahren selbstständig die Betriebsstrategie relevanter Kälteanlagen analysieren und eigenständig optimieren. ETA-Solutions ist im Projekt für die Energiesystemplanung und die Begleitung des Aufbaus der Strukturen zur Datenerfassung und -weiterverarbeitung verantwortlich.
„Das Thema Energieeffizienz ist aufgrund der Systemzusammenhänge eines der komplexesten“, erklärt Beck. „Maßnahmen stehen immer in Wechselwirkung mit anderen Bereichen. Da müssen wir mit Kooperationen arbeiten, weil eine einzelne Wissenschaft immer nur einen Teilaspekt betrachtet. Auch im Unternehmen entfalten Energielösungen ihre volle Wirkung meist nur über Abteilungs- oder Betriebsgrenzen hinweg.“ Die geeigneten Kooperationspartner ergeben sich eben doch nicht einfach so – aber welche Methoden können insbesondere Start-ups bei der Projektpartnersuche unterstützen?
Fünf Wege zum geeigneten Forschungspartner
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Die „Telefonbuch-Methode“
Eine Möglichkeit ist es, den Markt zu sondieren, geeignete Kandidaten ausfindig zu machen und diese schlichtweg zu kontaktieren. „Bei MAXIEM haben wir quasi per Kaltakquise Partner dazu geholt“, berichtet Beck. „Wir kannten die, die uns vielleicht noch nicht.“ Wenn in eine bestimmte Branche noch keinerlei Kontakte vorhanden sind, ist die Kaltakquise oft der einzige Weg.
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Netzwerkeffekte im Haus nutzen
Die ETA-Fabrik beschäftigt über 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Viele von ihnen arbeiten an eigenen Forschungsprojekten, verfügen über wertvolle Kontakte und können diese vermitteln“, erklärt Beck. Auch die Professoren seien vernetzt, und wenn bereits ein guter Partner am Projekt beteiligt ist, kenne der oft auch noch jemanden – oder helfe zumindest, weitere potenzielle Partner zu überzeugen. „Wir haben, auch bei der Gründung von ETA-Solutions stark von unserem Hochschulkontext profitiert. Alleine schon, um einfacher passende Mitarbeitende zu gewinnen“, so Beck.
Eine weitere große Hilfe war und ist der ehemalige Professor, nicht nur bei der Partnersuche: „Herr Abele begleitet uns bis heute mit wohlwollender Kritik, er sieht Start-ups ohnehin als hervorragenden Weg der nachhaltigen Forschung. Dann werden Ergebnisse auch angewandt und weiterentwickelt. Das war seine Denkweise, sein Pfad“, beschreibt Beck die Unterstützung. „Manchmal ist das Gründen sehr fordernd. Und wenn man da noch jemanden hat, so ein bisschen wie einen Business Angel – das ist eine schöne Situation.“
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Auf die Erfahrung voriger Projekte zurückgreifen
Zugegeben – nicht jedes Projekt führt, wie die ETA-Fabrik, zu tausenden Interessierten und freiwillig anreisenden Besucherinnen und Besuchern. „Die Rechnung ist ja einfach“, sagt Beck. „Wenn davon nur ein Prozent in den folgenden Jahren ein Energieforschungsprojekt beginnt, ist das fast jeden Monat ein neues Projekt, das starten würde. Und die kommen natürlich auf uns zu.“
Vor allem, wenn bereits ein Projekt erfolgreich abgeschlossen sei, könne man dies als Referenz nutzen. Die Zusammenarbeit mit einem etablierten Unternehmen oder ein erfolgreicher Projektabschluss können noch unentschlossene potenzielle Partner durchaus überzeugen.
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Kontakte über bestehende Netzwerke finden
Bundesweit gibt es viele spezialisierte Netzwerke, die bei Wissensaustausch und Partnersuche helfen können. Zwei sind auch aus dem ETA-Umfeld heraus initiiert worden: „Wir wollten in Darmstadt auf regionale Vernetzung setzen“, berichtet Beck. Doch solche Netzwerke haben oft Grenzen, und nicht nur räumlicher Art: Je spezialisierter ein Projekt oder ein Unternehmen, desto unwahrscheinlicher ist es, Partner über lokale Kontakte zu finden. „Hier sind die neun Forschungsnetzwerke Energie natürlich extrem relevant. Stakeholder zusammenbringen, vor allem die richtigen Partner – das ist für jedes Projekt wichtig“, erklärt Beck.
Dazu bieten die Forschungsnetzwerke Energie nicht nur zahlreiche Veranstaltungen an. Auch im Intranet der Forschungsnetzwerke, das nur angemeldeten Nutzerinnen und Nutzern offensteht, gibt es eine Partnerbörse, eine Stellensuche und regelmäßige Informationen aus der Energieforschung.
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Förderung zur Start-Up-Gründung erhalten
Der Bund bietet, neben den Forschungsnetzwerken Energie, weitere Vernetzungs- und vor allem Förderangebote für Start-ups an. So etwa auch zur Gründung: Eine Übersicht finden Sie auf dem Existenzgründungsportal des BMWK.
Diese Förderung hat auch ETA-Solutions geholfen. „Wir konnten mit einem Forschungsprojekt als Co-Finanzierung starten, im Unterauftrag einer Universität – da hatten wir die TU Darmstadt im Hintergrund und den Projektträger Jülich, dadurch konnten wir ein paar typische Gründungs-Stolpersteine sicherlich auslassen“, so Beck.
Attraktiv für die Gründung können auch die High-Tech Gründerfonds und Programme wie INVEST oder EXIST sein. (Lesen Sie hier mehr über ein Unternehmen, das mit EXIST gegründet wurde.) Die Gründerplattform von BMWK und KfW bietet eine Übersicht über zahlreiche Fördermöglichkeiten. Mit der European Institute of Innovation & Technology Climate Knowledge and Innovation Community, kurz EIT Climate-KIC, gibt es zudem auch ein Netzwerk auf europäischer Ebene (siehe Box rechts). (pj)