Wärmewende im Mehrfamilienhaus-Bestand beschleunigen
Wie sich der Gebäudebestand in Deutschland bis 2045 klimaneutral gestalten lässt, ist nicht nur eine technische, sondern auch eine soziale und wirtschaftliche Frage. Antworten darauf lieferte eine Veranstaltung der Begleitforschung Energiewendebauen.
Vermietende tragen die Investitionskosten für Energieeffizienzmaßnahmen an Gebäuden, während die Mietenden von den Energieeinsparungen profitieren: Diese Situation bezeichnen Expertinnen und Experten als Mietenden-Vermietenden-Dilemma, welches insbesondere in Mehrfamilienhäusern auftritt.
Ende Mai beleuchtete das Fokustreffen der Begleitforschung Energiewendebauen „Wärmewende im Mehrfamilienhausbestand – Wege aus dem Mietenden-Vermietenden Dilemma“ technische, regulatorische und organisatorische Herausforderungen und stellte Lösungsansätze vor. Diese entwickeln Forschende derzeit auch in mehreren Projekten.
So entwirft das Forschungsteam im Projekt INVEST sozialverträgliche Finanzierungsmodelle für die Wärmewende im Wohngebäuden. Das Ziel: die Reduktion von Treibhausgasemissionen in diesem Bereich unterstützen.
Im Vorhabens sEnSys liegt der Schwerpunkt auf innovativen Möglichkeiten der Sanierung im Bestand von mehrgeschossigen Mehrfamilienhäusern. Diese reichen von energieeffizienter, smarter Gebäudetechnik bis hin zu bilanzieller energetischer Deckung des Energiebedarfs durch regenerative Energien.
Rund 100 Teilnehmende aus Forschung und Verbänden nahmen an der digitalen Veranstaltung teil. Wesentliche Erkenntnisse des Treffens sind:
• Technische Lösungen
Die Teilnehmenden identifizierten Wärmepumpen und smarte Energiesystemregelung als Schlüsseltechnologien bei der Sanierung von Mehrfamilienhäusern. Ansätze zum effizienten Einsatz und Betrieb von Wärmepumpen in bestehenden Mehrfamilienhäusern sind in der Forschung bereits weit entwickelt und erprobt. Was noch fehlt, sind kompatible Kommunikationsschnittstellen zwischen verschiedenen Herstellern. Auch Fernwärme sollte aus Sicht der Wohnungswirtschaft als wichtige technische Option berücksichtigt werden. Allerdings ist hier ein besserer Verbraucherschutz bei Fernwärmeverträgen erforderlich.
• Soziale Perspektive
Es ist wichtig, Nutzende effektiv einzubinden, um diese zum Energiesparen zu motivieren. Eine digitale Echtzeitdarstellung von Energieverbräuchen sowie Informationen über Energieeinsparmöglichkeiten können hier positiv beeinflussen. Auf diese Weise werden die Potenziale von Sanierungsmaßnahmen weiter ausgeschöpft.
• Finanzierungsmodelle
Vermietende sollen Anreize zur Modernisierung erhalten, gleichzeitig sollen Mieterhöhungen vermieden werden. Die Teilnehmenden identifizierten Mietstrommodelle, Energy Communities und Contracting als vielversprechende Lösungen hierfür. Insbesondere für einkommensschwache Mieterhaushalte sind Genossenschaftsmodelle und Wärmewendeverträge von Interesse. Aus Sicht der Mietenden sollen Sanierungskosten durch reduzierte Heizkosten ausgeglichen werden (Warmmietenneutralität). Damit dies möglich ist, müsste die Modernisierungsumlage reduziert und die Teilwarmmiete eingeführt werden.
• Regulatorische Rahmenbedingungen
Fördermittel für Sanierungsmaßnahmen in Mehrfamilienhäusern werden momentan nur in geringem Maße beansprucht. Hier wird eine Anpassung der Förderpolitik vorgeschlagen.
Ausführlicher Veranstaltungsbericht verfügbar
Das Modul 2 (Gebäude) der Wissenschaftlichen Begleitforschung Energiewendebauen hat die Ergebnisse der Veranstaltung „Wärmewende im Mehrfamilienhausbestand – Wege aus dem Mietenden-Vermietenden Dilemma“ vom 23. Mai 2024 in einem 19-seitigen Dokument zusammengefasst. Dieses steht hier zum Download bereit.